Busfahrer des Jahres
Busfahrer des Jahres 2016
Zufällig zum Traumjob
Hans Kanter ist Ebersberger Busfahrer des Jahres 2016. Eine Fahrt mit ihm zeigt, dass sein Alltag alles andere als eintönig ist
"Bitte abfahren" steht auf dem Kontrollbildschirm im Bus. Es ist 14.10 Uhr. Busfahrer Hans "Keke" Kanter rührt sich nicht. Er steht mit seinem Bus der Linie 442 am Bahnhof in Grafing und zuckt mit den Schultern: "Der Meridian war noch nicht da", sagt er, als wäre das Erklärung genug. Kurz darauf stolpern einige hektische Fahrgäste in den Bus. Eine rothaarige, junge Dame bekommt ein kumpelhaftes High five angeboten - "Stammkundin" - und Keke manövriert seinen Mercedes Citaro LE mit zwei Minuten Verspätung aus dem Bahnhof. Es ist das siebte von 13 Malen an diesem Tag, dass der 35-Jährige die immer gleiche Strecke zwischen Grafing-Bahnhof und Eglharting zurücklegt.
Keke - seinen Namen hat er von Rennfahrerlegende Keke Rosberg ausgeliehen - ist der neue Busfahrer des Jahres für den Landkreis Ebersberg. Für diesen Titel konnten Fahrgäste in den vergangenen Monaten bereits zum zweiten Mal besonders rücksichtsvolle und kundenfreundliche Fahrer auf allen Linien außerhalb der Stadt München nominieren. Mehr als 1000 Fahrgäste und SZ-Leser haben sich in diesem Jahr beteiligt. Eine Jury aus Vertretern von MVV und SZ bestimmte aus den Vorschlägen die Landkreissieger - wie Keke Kanter aus Eglharting, Busfahrer bei Larcher Touristik. Das Busunternehmen hatte bereits 2015 den ersten Ebersberger Busfahrer des Jahres gestellt.
14.30 Uhr, Marienplatz, Ebersberg. Mittlerweile hat Keke weitere drei Minuten in den Verkehrswirren des Grafinger Marktplatzes verloren. Es herrscht reger Betrieb, Fahrgäste steigen ein und aus. Im vorderen Bereich des Busses hat Keke einen roten Teppich ausgelegt. "Nur das Beste für meine Fahrgäste", reimt er. Keke hat Charisma. Er hat stets einen flotten Spruch parat, lacht viel, ist zielstrebig, selbstsicher, etwas großspurig. Den strengen Eindruck seiner obligatorischen Uniform - samt Krawatte - versucht er mit einer Kappe und einer sportlichen Jacke abzumildern. Er liebt Autos, Motoren - und das Busfahren.
14.43 Uhr, Rathaus, Kirchseeon. Eine junge Dame steigt aus, verabschiedet sich. Sie werde bald ihre Ausbildung zur Polizistin beginnen, weiß Keke. Der 35-Jährige lebt alleine, seine sozialen Kontakte knüpft er während der Arbeit. Das Schild über seiner Windschutzscheibe "Bitte während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen" ignoriert er konsequent. "Auf dem Land gehört das Quatschen dazu", betont Keke, "wenn du keinen Kundenkontakt willst, dann kannst du gleich Lkw fahren."
14.47 Uhr, Westring, Eglharting. Mit nur einer Minute Verspätung parkt Keke seinen Bus an der Endhaltestelle. Zwischen Kirchseeon und Eglharting konnte er etwas schneller fahren, der Verkehr und seine Ortskenntnis haben es zugelassen. Weil er regelmäßig fünf Tage die Woche zwischen sechs und 19 Uhr durch den Landkreis pendelt, kennt Keke jeden Pflasterstein und jedes Stoppschild. "Einige Minuten Verspätung kann man als Busfahrer immer reinholen", sagt er.
15.11 Uhr, Westring, Eglharting. Nach einer 25-minütigen Pause macht sich Keke auf den Rückweg nach Grafing. Seine obligatorischen Pausen nutzt er jeweils voll aus - mit einem Kaffee oder einem kurzen Spaziergang, mal reinigt er den Bus, mal plant er einen schnellen Besuch beim Zahnarzt ein. In der Ablage oben im Bus hat er ein Kissen verstaut, wenn er am Mittag müde ist, schließt er den Bus von innen ab und hält ein kurzes Nickerchen.
15.32 Uhr, Kreisklinik West, Ebersberg. Es kommt zur ersten kritischen Situation des Tages, als Keke beim Anfahren von einem VW Golf überholt wird. Keke bremst, hupt, schimpft über rücksichtslose Autofahrer - und fährt weiter, als sei nichts geschehen. Autofahrer seien Bussen gegenüber eben häufig rücksichtslos. "Aber was soll man machen, wenn selbst die Polizei ohne Blaulicht mit 50 Stundenkilometern an dir vorbei fährt?", fragt er und schüttelt missbilligend den Kopf. In den ein oder anderen Unfall war Keke selbst schon involviert. "Unfälle passieren nun einmal, wenn man viel Zeit auf der Straße verbringt." Aber er sei ein sehr guter Busfahrer, betont Keke: "Meine Fahrgäste sind bei mir sicher."
15.43 Uhr, Mocca-Eck, Grafing. Es ist die wahrscheinlich engste Passage auf seiner Route - und Keke freut sich jedes Mal: "Je enger, desto schöner", prahlt er, "dann kann ich mir beweisen, dass ich es noch kann." In seiner Karriere als Reise-, Schul- und Linienbusfahrer habe er bereits viele brenzlige Situationen gemeistert. In solchen Situationen weiß er: Er hat den richtigen Beruf gewählt. Dabei ist Keke eigentlich zufällig Busfahrer geworden. Um das Wohnmobil der Eltern fahren zu können, hat er als junger Mann einen Lkw-Schein gemacht, den Bus-Schein nebenher. Das Busfahren habe ihm so viel Spaß gemacht, dass er diese Leidenschaft kurzerhand zum Beruf gemacht habe, so Keke.
15.45 Uhr, Grafing Stadt. Eine Frau mit Hund überreicht Keke eine Plätzchentüte. Auf dem Armaturenbrett vor Kekes Windschutzscheibe liegt ein Schal mit dem Aufdruck "Busfahrer des Jahres", ein Geschenk von einem weiteren Fahrgast. Keke ist beliebt bei seinen Fahrgästen und weiß das auch. Sein schönster Moment als Busfahrer sei jedes Jahr die Rückkehr aus dem Urlaub, behauptet er. Es finde sich immer jemand, der ihn mit den Worten "Gott sei Dank fährst du wieder" begrüße - Worte, die Schmieröl für Kekes Seele sind. Mit dem Titel Busfahrer des Jahres habe er trotzdem nicht gerechnet, betont der 35-Jährige bescheiden. Es gebe schließlich so viele nette Busfahrer...
15.49 Uhr, Grafing-Bahnhof. "Fast pünktlich", kommentiert Keke zufrieden, als er in den Bahnhof einlenkt. Die S-Bahn war diesmal schon da. Keke lässt die Fahrgäste einsteigen, dreht und fährt sofort weiter. Schließlich muss er bis zu seinem Dienstschluss noch fünf weitere Male zwischen Grafing und Eglharting hin und her pendeln.
Von Sara Kreuter, Grafing
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26. Januar 2017
Süddeutsche Zeitung
Hans Kanter, 35, ist im Landkreis Ebersberg nicht nur als Fahrer von Linienbussen bekannt, sondern auch als Ski- und Reisebegleiter.
MVV und SZ zeichnen die besten Busfahrer aus
Von Christian Krügel
Die Perspektive ist für die Busfahrer ziemlich ungewöhnlich: fast 100 Meter über den Dächern Münchens, von wo aus die Lichter des Straßenverkehrs nur wie schöne, bunte Leuchtspuren im Schnee wirken. Aber dieser Perspektivwechsel, dieses Herausheben von acht Busfahrern aus dem alltäglichen Grau der Straße ist wohl auch das Wichtige an dieser Aktion des Münchner Verkehrsverbunds (MVV) in der Panorama-Lounge des SV-Hochhauses in Berg am Laim. Zum zweiten Mal nach 2014 ließ der Verbund die Fahrgäste und die Leser der Süddeutschen Zeitung abstimmen, wer 2016 die besten Busfahrer in den acht Landkreisen rund um München waren.
Mehr als 1000 Pendler beteiligten sich und kürten wahre Helden des Alltags, wie MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag bei der Feierstunde am Dienstagabend sagt. "Sie sind Fahrer, Auskunft, Kartenverkäufer und Fahrgastbetreuer in einem - und oftmals die Prellböcke für alles, was die Pendler aufregt", lobt Freitag die sieben Busfahrer und eine Busfahrerin. Es sei ein harter Job, mit dem man nicht sonderlich reich werden könne und der deswegen leider auch nicht allzu begehrt sei. 300 Euro Preisgeld pro Busfahrer und die öffentliche Anerkennung der täglichen Leistung sollten deshalb ein Ansporn sein.
Wie wichtig die ist, zeigt auch, dass mehrere Landräte zur Feier nach München gekommen sind. "Wichtige Repräsentanten unserer Landkreise" nennt Robert Niedergesäß, Landrat von Ebersberg und als solcher Sprecher der MVV-Landkreise, die Busfahrer. Sie hätten oftmals so nah wie niemand ihr Ohr bei den Sorgen der Bürger. So etwa Dirk Weber, Hans Kanter, Franz Baumgartner oder Skender Ademi, die in Erding, Ebersberg, Starnberg und Freising gekürt wurden und oft auch für Touristen und Reisende persönliche Helfer in allen Notlagen sind. Oder Stefan Jädicke (Dachau), Helene Just (Bad Tölz-Wolfratshausen) oder Brazzo Hodzic (Fürstenfeldbruck), die besonders mit den (nicht immer einfachen und leisen) Schülern richtig und nett umzugehen wissen. "Er weiß von jedem Schüler, wann er aussteigen muss, und sagt uns Bescheid", hatte etwa ein Schüler auf seinen Stimmzettel für Sergio Rado geschrieben. Der gilt vielen Passagieren im südlichen Landkreis München als unverzichtbarer Begleiter an jedem Morgen.
Fahrer wie er machten auch erst möglich, was Landrat Niedergesäß als "unglaubliche Erfolgsgeschichte" bezeichnet: In den vergangenen 20 Jahren wurde die Zahl der Kilometer, die MVV-Buslinien in den Landkreisen rund um München zurücklegen, mehr als verdoppelt. Im Jahr 2015 fuhren Regionalbusse mehr als 33 Millionen Kilometer. 12 000 Busfahrten gibt es am jeden Werktag, 188 000 Menschen nutzen sie täglich. Das zeige, dass der Busverkehr inzwischen nicht mehr nur wichtig als Zubringer zur S-Bahn sei, sondern auch für die direkten Verbindungen zwischen den Gemeinden. Das lassen sich die Landkreise allerdings auch einiges kosten: 53 Millionen Euro zahlen Fahrgäste über Tickets, 44 Millionen Euro schießt der Steuerzahler zu. Doch alle Zahlen und Summen brächten nichts, wenn am Ende nicht auch Fahrer wie Sergio Rado, Helene Just und all die anderen arbeiteten - mit viel Engagement und noch mehr Herz.
Ebersberger Zeitung 13.Juni 2017
„Keke“ kennt sie alle
Hans Kanter ist beliebtester Busfahrer
Von Michael seeholzer
Landkreis – Seinen Spitznamen verdankt er dem Rennfahrer und Formel-1-Weltmeister Keke Rosberg – auch weil er schnelle Autos liebt. Beruflich setzt Hans „Keke“ Kanter lieber auf Sicherheit. Der 36-Jährige ist Busfahrer – und in dieser Funktion einer der beliebtesten seiner Zunft im Landkreis Ebersberg. Er wurde deshalb auch schon zum Busfahrer des Jahres gewählt.
„Damals war ich noch im Opel-Club. Mein Calibra Rosberg-Edition war einer der niedrigsten überhaupt. Da war ich stolz darauf“, berichtet Kanter davon, dass er auf den Opeltreffen immer mit dem Satz begrüßt wurde: „Jetzt kommt der Keke-Hans“. Daraus sei dann irgendwann einmal kurz „Keke“ geworden.
Der Eglhartinger kam durch Zufall zu seinem Traumberuf. „Als Baujahr 1981 durfte ich nach der Führerscheinprüfung keinen 7,5-Tonner fahren. Also hat mein Vater gesagt: ,Jetzt machst halt noch den Lkw-Schein.’“ Aber aus der geplanten Karriere als Lkw-Fahrer wurde nichts. Denn als „Keke“ Kanter das erste Mal in einem Bus saß, „wusste ich: das isses.“ Inzwischen fährt der 36-Jährige MVV-Linie für das Markt Schwabener Unternehmen Larcher-Touristik. Er pendelt mit seinem Bus zwischen Eglharting und Grafing-Bahnhof hin und her. „Mein Dienst beginnt um 6.05 und endet um 18.45 Uhr.“ Ein langer Arbeitstag. „Aber zwischendrin hab ich Pausen. Da gehe ich zum Beispiel zur Iris in die Bäckerei in Grafing- Bahnhof, trinke gemütlich einen Kaffee und lass’ mir die Sonne auf den Bauch scheinen.“
Seine Fahrgäste kennt Kanter zum größten Teil persönlich. Mit vielen ist er auch auf Facebook befreundet, weshalb er über deren Aktivitäten stets im Bilde ist. Das beweist er zum Beispiel dann, wenn er in Ebersberg im Stau steht, das Fenster herunterlässt und einen Passanten fröhlich mit den Worten begrüßt: „He, Du Urlauber, bist wieder da? Wie geht’s Dir?“ Und schon fährt er wieder weiter. Persönlicher Kontakt ist dem 36-Jährigen wichtig. „Ich kenne, glaube ich, 90 Prozent meiner Fahrgäste und weiß auswendig, wer eine Fahrkarte hat.“
Warum ist er so beliebt? „Eine psychologische Schulung bekommt man als Busfahrer nicht“, meint „Keke“. „Es sind die Fahrgäste, die einen Busfahrer formen.“ Die allermeisten würden ihm freundlich begegnen, „ich würde mal sagen 99 Prozent“.
Dass er ein beliebter Fahrer ist, hat „Keke“ sogar schon schriftlich bekommen, besser gesagt sein Chef Herbert Larcher. „Ohne die Busfahrerinnen und Busfahrer fährt nichts im MVV-Regionalbusverkehr. Sie sind nicht nur Busfahrer, sondern zugleich Auskunft, Fahrkartenverkäufer und Fahrgastbetreuer in einem – und oft auch Prellbock für alles, was Pendler aufregt“, wurde das Personal bei einer Ehrung des MVV im Landkreis München gelobt. Und wenn Hans Kanter an der Bushaltestelle steht, bekommt er schon mal ein kleines Präsent in Form eines Stück Kuchens. „Den kannst du essen, wenn du Pause hast“, hat neulich eine Frau zu ihm gesagt. Den Kuchen habe ihre Mutter gemacht. „Auch ein Päckchen Plätzchen habe ich schon geschenkt bekommen.“
So vorsichtig Kanter fährt, so wundert er sich doch bisweilen darüber, wie rücksichtslos Autofahrer unterwegs seien. „Die rauschen manchmal an meinem Bus vorbei, wenn ich an der Haltestelle mit eingeschalteter Warnblinkanlage stehe. Ein richtiger Unfall ist mir aber gottseidank noch nicht passiert“, sagt der Eglhartinger.
2019 bin ich zum 2. mal in Folge wieder gewählt worden!!!
Auszeichnung:
Hans Kanter ist Ebersbergs Busfahrer des Jahres
Der 38-jährige Hans Kanter aus Kirchseeon ist bei den Fahrgästen im Landkreis Ebersberg besonders beliebt.
Der Blick aus dem 26. Stockwerk des SZ-Hochhauses hinweg über die nächtliche Landeshauptstadt ist schon ein beeindruckender. Während sich viele Gäste am Dienstagabend deshalb vor den großen Glasfenstern der Panorama-Lounge tummeln, steht Johann Kanter ganz entspannt auf der anderen Seite des Raums und plaudert mit seiner Verlobten. Für ihn ist der Ausblick nicht neu, schließlich war er vor drei Jahren schon einmal hier droben - und auch damals wurde er im Rahmen einer Kooperation von Süddeutscher Zeitung und MVV zum Busfahrer des Jahres im Landkreis Ebersberg gewählt.
Auf die Frage, was er denn besser mache als seine Kollegen, weiß der 38-jährige Kirchseeoner jedoch selbst keine Antwort. "Ich bin jetzt seit insgesamt neun Jahren auf der gleichen Linie unterwegs. Da lernt man seine Fahrgäste einfach gut kennen", sagt Kanter, den alle - auch Landrat Robert Niedergesäß - nur Hans nennen. "Wir waren vor einigen Jahren zusammen in Südfrankreich unterwegs", erzählt Kanter, der zwischenzeitlich auch als Reisebusfahrer gearbeitet hat. "Seitdem sind wir per Du."
Dass die beiden inzwischen eine enge Freundschaft verbindet, zeigt eine Anekdote, die Niedergesäß bei der Ehrung in München erzählt: Jedes Jahr zu Beginn des Ebersberger Volksfestes bekomme er von Kanter eine Whatsapp-Nachricht mit der Bitte, ob er für den einen Tag seine Busfahreruniform gegen die Lederhose tauschen dürfe. "Das erlaub' ich ihm natürlich. Und er schickt mir auch jedes Mal ein Beweisfoto", so Niedergesäß, der sagt, der Landkreis könne stolz sein, einen solchen Busfahrer zu haben.
Hans Kanter ist für die Firma Larcher auf der Linie 442 unterwegs, die von Grafing-Bahnhof nach Eglharting (Buch) und wieder zurück führt. Auf dieser Strecke hat er sogar seine heutige Verlobte Steffi kennengelernt, die bei ihm Fahrgast war. Auch dass seine Steffi seinen Antrag akzeptiert hat, hat mit seinem Beruf zu tun. "Ich hab' mir bei einem Fahrgast, die selbst erst ihren Antrag bekommen hatte, Tipps geholt, wie ich das mit dem Antrag am besten mache", erzählt Kanter. Es wurde schließlich die ganz klassische Variante in den heimischen vier Wänden. Busfahren bedeutet für Hans Kanter Liebe in allen Lebensbereichen. Deshalb kann er sich auch keinen anderen Beruf vorstellen. "Es gibt aktuell nichts Schöneres für mich."